Ausgangssituation
Im größten Produktionsbetrieb von Treibacher wird vollkontinuierlich 24/7 Vanadiumoxid für die Weiterverarbeitung in der Stahl- und Gießereiindustrie hergestellt.
Bei der Vanadiumgewinnung wird das Vanadium, welches gebunden in Schlacke vorliegt, durch Röstung in eine lösliche Form gebracht und mittels Bandfiltration aus dem Feststoff gewaschen. Die Vanadiumausbeute ergibt sich dabei aus dem Verhältnis zwischen löslichem und nicht löslichem Vanadium im Filterkuchen.
Wesentlich bei diesem Vorgang ist die Waschwassermenge, die über Regelventile nach optischer Beurteilung durch die Mitarbeiter gesteuert wird. Dazu müssen die Mitarbeiter durchschnittlich einmal pro Stunde den Bandfilter aufsuchen und die Situation vor Ort bewerten. Es ist darauf achten, dass so viel Wasser wie möglich auf den Filter geleitet wird, allerdings darf die Restfeuchte des Filterkuchens auch nicht zu hoch sein, da dies zu Problemen im nachgelagerten Prozess führen würde.
Zur Beurteilung des Vanadiumanteils im Filterkuchen wird die Leitfähigkeit des Filterkuchens in der Leitwarte laufend überprüft. Je höher die Leitfähigkeit ist, desto mehr Vanadium befindet sich noch im Filterkuchen.
Lösung
Um den Prozess stabiler zu gestalten und die Mitarbeiter im 24-Stunden-Betrieb zu unterstützen, wurden zwei KI-Projekte gestartet.
Im ersten Projekt wurde auf der Grundlage zahlreicher Messungen und Datenanalysen ein selbstlernendes KI-System entwickelt. Die Ziele sind einerseits, den Mitarbeitern geeignete Prozessparameter für die Verringerung der Leitfähigkeit des Filterkuchens vorzuschlagen, und andererseits, Alarm zu geben, falls eine Nachregelung erforderlich ist. Dazu läuft die Software 24/7 im Hintergrund und das KI-Modell lernt ständig dazu.
Im zweiten Projekt wurde ein Smart-Vision-System (bestehend aus einem Kamerasystem und einer dahinterliegenden KI-Auswertung) installiert, mit dem es möglich ist, den Filterkuchenzustand in Echtzeit zu überwachen und die Mitarbeiter zu alarmieren, wenn der Filterkuchen zu feucht oder zu trocken ist. Für die Überwachung werden Spiegelungseffekte und Cracks (Risse) im Filterkuchen herangezogen.
Nutzen
Mit Hilfe der KI-Systeme kann schneller und zielgerichteter auf Abweichungen im Produktionsprozess reagiert werden. Für die Mitarbeiter bieten die Systeme jederzeit valide Entscheidungshilfen für die optimale Einstellung der Anlage und die häufigen Vor-Ort-Besichtigungen (einmal pro Stunde) der Bandfilter entfallen. Durch einen Ausbeutegewinn von 0,1 % kann eine enorme Wertschöpfungssteigerung erzielt werden. Dies ist ein wesentlicher Beitrag zum „Green Deal“ und fördert die Kreislaufwirtschaft.
Kurzvorstellung des Unternehmens
Die Treibacher Industrie AG wurde 1898 von Dr. Carl Auer von Welsbach gegründet und hat ihren Firmensitz in Althofen/Kärnten (AUT). Hier werden Vorprodukte für technologisch hoch anspruchsvolle Anwendungen entwickelt, produziert und an Kunden in aller Welt geliefert. Das Spektrum reicht dabei von Vorstoffen für die Pharmaindustrie und Biomedizin, über Beschichtungen für die Flugzeug- und Katalysatorindustrie bis hin zu hochwertigen Vorlegierungen für die weltweite Stahlindustrie. Darüber hinaus ist die Treibacher Industrie AG in Europa Markt- und Technologieführer für das Recycling von verbrauchten Katalysatoren aus der Erdölindustrie, wodurch jedes Jahr tausende Tonnen Primärressourcen wie Vanadium, Nickel und Molybdän eingespart werden.
Autor
Hubert Graf
Treibacher Industrie AG
Auer-von-Welsbach-Straße 1
9330 Treibach-Althofen
www.treibacher.com
© StEP-Up
Weitere konkrete Lösungen zum Thema „Industrie 4.0“ aus der industriellen Praxis finden Sie in der StEP-Up-Publikation „Industrie 4.0 in der Anwendung. Konkrete Lösungen aus der industriellen Praxis.“