Analysiert man Messdaten, begegnet man gelegentlich einzelnen Werten, die augenscheinlich nicht zu den übrigen Werten „passen“. Da diese als „Ausreißer“ bezeichneten Werte die Schlussfolgerungen, die aus der Datenanalyse gezogen werden, maßgeblich beeinflussen können, ist es wichtig, richtig mit diesen Ausreißern umzugehen. Wir empfehlen dazu folgende Vorgehensweise:
1. Schritt: Prüfen Sie, ob es sich um einen Tipp- oder Messfehler handelt
Prüfen Sie das Teil, das den Ausreißer verursacht hat, noch einmal. Typische Ursachen für Messfehler können die falsche Bedienung des Messgerätes, die falsche Messposition am Teil, das Messen des falschen Merkmals, das falsche Einspannen des Teils in die Messvorrichtung etc. sein.
Stellt sich heraus, dass es sich um einen Mess- bzw. Tippfehler handelt, ersetzen Sie den fehlerhaften Wert durch den korrekten Wert. Tragen Sie auch dafür Sorge, dass Messfehler zukünftig nicht mehr auftreten können, z.B. durch klare Prüfanweisungen, Schulung der Mitarbeiter, Gestaltung des Prüfplatzes.
2. Schritt: Prüfen Sie, ob die korrekte Verteilungsform gewählt ist
Oftmals wird angenommen, dass Messwerte immer der Normalverteilung folgen. In der Praxis treten allerdings auch andere Verteilungsformen auf. Beispielsweise folgen nullbegrenzte Merkmale (z.B. Oberflächenrauigkeit, Ebenheit, Rundlauf) einer linkssteilen Verteilung. Durch eine besser passende Verteilungsform werden dann möglicherweise auch weiter von der Mitte entfernte Messwerte erklärbar.
Führen Sie einen Anpassungstest durch. Stellt es sich heraus, dass eine andere Verteilungsform die Messwerte korrekter beschreibt und die unpassenden Werte damit erklärbar werden, verwenden Sie für die weitere Analyse diese Verteilungsform.
3. Schritt: Prüfen Sie, ob es sich wirklich um einen Ausreißer handelt
Führen Sie einen Ausreißertest z.B. nach Grubbs oder nach Hampel durch. Beim Ausreißertest wird geprüft, ob der gemessene Wert zur angenommenen Verteilung passt. In der Praxis kann es auftreten, dass extrem erscheinende Werte durch die angenommene Verteilung erklärbar und daher keine Ausreißer sind.
Stellt es sich heraus, dass es sich nicht um einen Ausreißer handelt, wird der Wert in der Datengrundlage belassen.
4. Schritt: Ermitteln Sie die Ursachen für das Auftreten der Ausreißer
Besondere Werte entstehen immer aufgrund besonderer Ursachen. Prüfen Sie daher, ob der Ausreißer mit einem besonderen Ereignis in Zusammenhang gebracht werden kann (z.B. Anfahren des Prozesses, Werkzeugwechsel, Chargenwechsel, Schichtwechsel, Prozessstörung).
Stellt sich heraus, dass ein besonderes Ereignis zum Ausreißer geführt hat, entfernen Sie den Wert aus der Datengrundlage. Auch das entsprechende Teil und gegebenenfalls weitere durch diese Ursache betroffene Teile müssen aus dem Produktionslos entfernt werden. Tragen Sie dafür Sorge, dass dieser Fehler zukünftig nicht mehr auftreten kann (z.B. durch eine Poka Yoke-Lösung).
5. Schritt: Treffen Sie Maßnahmen zur Identifikation der Ursachen
Können die Ursachen für die Ausreißer in der oben beschriebenen Weise nicht identifiziert werden, ermitteln Sie mit Hilfe eines Ishikawa-Diagramms im Team mögliche Ursachen. Führen Sie Prüfungen ein, um Fehler sofort nach ihrem Auftreten zu entdecken (z.B. Prüfung von Teilen nach dem Schichtwechsel) und damit die tatsächlichen Ursachen zu identifizieren.
Solange die Ursachen noch nicht bekannt sind, können Fehler jederzeit wieder auftreten. Daher müssen Maßnahmen zur Absicherung der Qualität (z.B. zusätzliche Prüfungen, ggf. bis zur 100 %-Prüfung) getroffen werden.